Sächsische Zeitung
Wache Köpfe arbeiten zu später Stunde
von Stephan Große

Nur wenige Scheinwerfer erhellen die Nacht. Vorbei an einer kleinen Rasenfläche gelangt man zur Eingangstür der Verbundleitwarte der Meißner Stadtwerke. Hell erleuchtet ist hier der Arbeitsplatz von Christian Götze. Er sitzt am anderen Ende der Leitung, wenn Kunden Störungen der Gas- oder Stromversorgung melden. Er muss überall erreichbar sein. "Selbst beim Gang zur Toilette habe ich immer fünf Telefone dabei", sagt Götze und lacht.
Im Blaumann und in Sandalen sitzt der 51-Jährige seit halb zehn an einem fast drei Meter langen Schreibtisch. Acht Monitore stehen nebeneinander aufgereiht, ein weiterer hängt an der Wand.

Denn nicht nur der Telefondienst gehört zu Götzes nächtlichen Aufgaben, er überwacht über die Bildschirme auch das Heizwerk im Triebischtal und das Kraftwerk nebenan. Selbst die Umspannwerke, wie das in der Brauhausstraße und am Neumarkt, hat er von hier aus im Blick.

Während sich Götze auf seinen Kontrolldurchgang durch alle Häuser des Geländes begibt, hat der Polizeioberkommissar Uwe Suska seinen ersten Einsatz schon hinter sich. Seit neun Uhr ist er gemeinsam mit fünf Kollegen des Meißner Reviers im Dienst. "Eigentlich beginnen wir mit einer Besprechung, stimmen mit den Kollegen ab, was aktuell anliegt", erklärt er. Doch heute musste er gleich zu Beginn der Schicht ins Auto. Eine Schlägerei zwischen Jugendlichen wurde gemeldet. Vermeintlicher Tatort: der Bahnhof. Doch dort war alles ruhig. Also kann die Übergabe in Ruhe erledigt werden.

Sebastian Mai hingegen hat nicht erst abends mit der Arbeit begonnen. Seit den Mittagsstunden ist der angehende Internist auf der Intensivstation der Meißner Elblandklinik unterwegs. Direkt im Anschluss steht für ihn ab 19 Uhr der Bereitschaftsdienst auf dem Plan. Doch Ruhe hat er dabei wenig: "Neue Patienten müssen aufgenommen werden, verschlechtert sich ihr Zustand, muss ich entscheiden, wie es weiter geht." Da bleibt wenig Zeit, um im Arztzimmer, das mit Bett, Schrank, eigenem Bad und Fernseher ausgestattet ist, auszuspannen. Vier solcher Dienste leistet Mai pro Monat. Doch wenn mal Ruhe einkehrt, dann geht er nicht sofort ins Bett. "Da geht man schon über die Station und versucht Problemen vorzubeugen, denn geruhsam ist der Schlaf hier nie", sagt der 35-Jährige, steht auf und verlässt die Schleuse in Richtung Station. Ein neuer Patient ist eingeliefert worden, Mai muss sich kümmern.

Zur selben Zeit hat Tino Fischer seinen täglichen Rundgang gerade abgeschlossen. "45 Minuten brauche ich, um alle fünf Häuser und das Fährhaus zu begehen", sagt der Zehrener. Er arbeitet als Nachtportier im Mercure Hotel und ist die meiste Zeit damit beschäftigt, Bürosachen zu erledigen: Reservierungsanfragen wollen beantwortet und Rechnungen der Hotelgäste geprüft werden. Die Abrechnung des Restaurant muss er ebenfalls erledigen. Aber es kommt auch vor, dass noch zu später Stunde Gäste einchecken. Doch darauf ist Fischer, der eigentlich Kfz-Mechaniker ist, vorbereitet. Vor fast sieben Jahren hat er den Blaumann gegen den Schlips getauscht und arbeitet seitdem ausschließlich in der Nachtschicht. Dabei hat er auch schon einiges erlebt: "Einmal habe ich im Sommer zum Lüften das Fenster aufgemacht, und sofort ist eine Katze ins Haus gesprungen", erzählt er. "Es war ganz schön schwierig, die wieder an die frische Luft zu setzen", sagt er und springt auf, um einem Gast ein Taxi zu rufen.

Währenddessen steht Polizist Uwe Suska mitten auf einem Feld. Anwohnern waren verdächtige Lichter aufgefallen. Sie informierten die Polizei. Es stellt sich schnell heraus, dass Jugendliche versucht hatten, mit einem Auto das durchnässte Grün zu überqueren. Nun stecken sie fest, und Uwe Suska hilft.

Auf einem der Monitore von Christian Götze ist plötzlich Bewegung. Doch kein Grund zur Aufregung: Einmal pro Nacht schaut ein Kollege der Sächsischen Wach- und Schließgesellschaft (SWS) vorbei. Neben einem Kontrollgang unterhalten sich die Kollegen: "Mindestens zehn Minuten müssen wir miteinander reden, das ist Vorschrift", erklärt Götze. Das sei aber weniger Pflicht, sondern eigentlich sehr angenehm, da er ansonsten die ganze Nacht über alleine sei. Zur Zeit klingelt nicht oft das Telefon. Das sah zu Hochwasserzeiten ganz anders aus: "Da riefen die einen an, weil der Nachbar schon wieder Strom hatte, aber die eignenen Lampen nicht angingen", sagt Götze. Auch wenn es im Sommer heftig gewittert, kommen viele Anrufe. Ist tatsächlich etwas passiert, wird sofort der Bereitschaftsdienst gerufen, der dann ausrückt und vor Ort repariert.

Inzwischen ist es halb zwei Uhr nachts, und bei Bäckermeister Ernst George im Triebischtal werden die Lichter eingeschaltet. Nach nur vier Stunden Schlaf. "Mehr brauche ich nicht, schließlich mache ich das schon seit 32 Jahren", sagt er.

Zuerst bereitet George den Teig vor. Gegen zwei Uhr kommt Matthias Geißler zur Verstärkung. Zusammen stehen sie wenig später am Teigaufbereiter. Oben wird über ein kleines Förderband der Teig in die Maschine gezogen, und unten fallen fertig geformte Brötchen aus dem Gerät heraus. In schnellen Handgriffen verfrachtet das eingespielte Bäckerteam die Rohlinge auf Bleche. In großen Wagen werden diese übereinander geschichtet, aber nicht gleich in den Ofen, sondern erst in den Gärautomaten geschoben. Bei 34 Grad Temperatur und 75 Prozent Luftfeuchtigkeit wachsen dort die Brötchen schneller als an der normalen Luft.

Während gegen drei Uhr die ersten Brötchen für die Meißner Frühstückstische fertig sind, isst Tino Fischer im Hotel gerade zu Abend. Gleichzeitig ist Polizist Uwe Suska damit beschäftigt, seinen müden Punkt zu überwinden: "Dann wird der Streifenwagen mal stehen gelassen, und man geht zu Fuß auf Streife. Das hilft." Später wird der Dienstwagen endgültig geparkt, und Suska begibt sich an den Papierkram, der ebenfalls erledigt werden will.

Gegen halb sechs werden in der Bäckerei schließlich die Kisten gepackt, mit denen die verschiedenen Geschäfte beliefert werden. Und während sich Bäckergehilfe Matthias Geißler auf den Weg begibt und ausliefert, kann sich auch Christian Götze von den Stadtwerken aufmachen: nach Hause. "Um Sechs Uhr lege mich ins Bett und schlafe, so lange es geht", sagt Götze. Wenn er die Beine schon hochlegen kann, hat Uwe Suska gerade Dienstschluss.

Eines haben der Arzt Sebastian Mai und Bäcker Ernst George gemeinsam: Schlafen können sie nach Dienstende nicht sofort. George ist trainiert auf wenig Schlaf, und Mediziner Mai muss erstmal zusehen, dass er das Adrenalin aus seinem Blut verbannt. Als letzter hat Tino Fischer frei. Um sieben Uhr kommt seine Ablösung. Gegen neun Uhr gehen bei ihm die Lichter aus.
Sparkasse plant Eröffnung
von Stephan Große

Gummistiefel sind nicht mehr nötig, aber immer noch schießt abgepumptes Wasser aus den Schläuchen auf die Neugasse. Auch die Sparkassenfiliale ist noch mit Sandsäcken verbarrikadiert.

"Konkret lässt sich der Schaden zwar noch nicht beziffern, aber er wird deutlich geringer ausfallen als bei der Jahrhundertflut", sagt Waldemar Habicht, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse. Die Teppichböden seien stark durchnässt und durch die Arbeiten auch verschmutzt.
Bereits am Donnerstag vergangener Woche hatten Mitarbeiter der Bank damit begonnen, in Oberau Sandsäcke zu füllen. Einen Tag später wurde dann die Banktechnik demontiert: Geldautomaten und Kontoauszugsdrucker wurden in Sicherheit gebracht. Auch das Archiv im Untergeschoss wurde rechtzeitig geräumt, das Mobiliar hochgestellt. Fast 40 Mitarbeiter waren rund um die Uhr im Drei-Schicht-System im Einsatz.

Geld an Vereine verteilt

"Sogar einen Pumpensumpf haben wir im Foyer eingerichtet, damit das Wasser im Falle des Eindringens besser nach draußen befördert werden kann", berichtet Habicht. Inzwischen sei das Personal in der Filiale im Triebischtal und auf dem Dr.-Eberle-Platz verstärkt worden, so dass die Kunden ausweichen können. Zu Geldengpässen sei es nicht gekommen. "Vorausgesetzt das Hochwasser geht weiter zurück, hoffen wir, Mitte nächster Woche die Geschäftsstelle auf der Neugasse wieder eröffnen zu können", sagte Habicht am Rande einer Veranstaltung, bei der Zuwendungen aus dem örtlichen Zweckertrag im PS-Lotterie-Sparen vergeben wurden.

Knapp 17 000 Euro wurden an verschiedene Vereine vergeben. Im Bereich Bildung und Jugend wurden neben zahlreichen Fördervereinen von Schulen auch der Ortsverband des Kinderschutzbundes Meißen bedacht. Die höchste Fördersumme in Sachen Sport ging an den Kreissportbund. Die hiesige Kreisjugendfeuerwehr konnte sich ebenfalls über eine Zuwendung freuen: Sie wurde im Bereich Soziales berücksichtigt.

Seit vergangenem Jahr wird der Zweckertrag halbjährlich ausgeschüttet. Er ergibt sich aus dem Verkauf der fünf Euro teuren Lose, von denen vier am Jahresende auf das Konto des Käufers fließen. Ein Euro ist Lotterie-Einsatz, von dem wiederum sechs Cent an eine gemeinnützige Organisation gehen.
Manchmal muß die Trainerin helfen, die Schuhe zuzubinden
von Stephan Große

"Wir kennen die meisten unserer Spieler schon von klein auf", sagt Michaela Patzwahl. Seit drei Jahren leitet die 21-Jährige die Jugendabteilung des Lommatzscher SV. Eine Aufgabe, die ihr viel Freude bereitet. Aber es sei jedes Mal etwas Wehmut im Spiel, wenn sich ein Spieler dazu entscheidet, zu einem anderen Vereinen zu wechseln. Das Spielen in einer höheren Spielklasse scheint für viele sehr verlockend zu sein.
Diese Abwanderung stellte den Lommatzscher SV vor einige Probleme. Aber Spielgemeinschaften mit anderen Vereinen sind inzwischen gegründet worden, und ein Teil der A-Junioren-Mannschaft ist eigentlich noch zu jung für diese Spielklasse. Weil zu wenige Fußballer da sind, rücken die Jüngeren einfach früher nach. Dennoch freut sich Patzwahl, wenn es die ehemaligen Lommatzscher Spieler schaffen, sich bei den anderen Vereinen durchzusetzten.

Besonders gerne erinnert sie sich an die vereinseigenen Erfolge zurück, besonders an das erfolgreichste Vereinsjahr 2002: Die F-Junioren wurden Kreismeister, Hallenkreismeister und Pokalsieger, die erste Männermannschaft stieg auf, und die E-Junioren wurden ebenfalls Kreismeister. Ende letzten Jahres konnte auch gefeiert werden: Die B-Junioren holten die Hallenmeisterschaft.

Mit dem Beginn der Rückrunde steht nun viel Arbeit ins Haus: Durch den langen Winter ist die Liste der ausgefallenen Spiele lang. Und die müssen alle in den kommenden Wochen nachgeholt werden. Zusätzlich hat der viele Regen den heimischen Platz unter Wasser gesetzt, so dass das Training erstmal auf dem Behelfsplatz in Dörschnitz stattfinden muss.

Um den ganz jungen Fußballnachwuchs muss sich der Lommatzscher SV keine Sorgen machen. Eine F- und eine G-Junioren-Mannschaft wird trainiert: "Die Jüngsten sind höchstens fünf Jahre alt und lernen, mit dem Ball umzugehen", sagt Patzwahl. Die Trainerin Jutta Blaufuß müsse manchmal helfen, die Fußballschuhe zuzubinden. Noch nehmen die Kleinsten nicht am Ligabetrieb teil. Nicht weil sie nicht könnten: Vielmehr sind G-Junioren Mannschaften selten, dass es für sie noch gar keine eigene Liga gibt. Aber bei Freundschaftsspielen und kleinen Turnieren ist genug Gelegenheit, sich mit der Konkurrenz zu messen.
Händler wollen schnell wieder aufmachen
von Stephan Große

Er war einer der letzten Geschäftsleute, die nach der Jahrhundertflut ihren Laden auf der Meißner Neugasse wieder öffneten. Jetzt ist Heinz Lochmann erneut vom Hochwasser betroffen. Gestern war er schon wieder etwas erleichtert: "Das Wasser ist auf der Neugasse über Nacht vier bis fünf Zentimeter gesunken", sagt der 72-jährige Inhaber des Schreibwarenladens. Dennoch: Durch die Wand vom Nachbarhaus sickert es noch immer in sein Geschäft. Und auch davor steht die Brühe kniehoch. "Wenn es in einer Woche weg ist und der Laden wieder trockenen Fußes zu erreichen ist, bin ich sehr froh", sagt er. Seine Umsatzausfälle und den Schaden kann er noch nicht beziffern. So wie ihm geht es vielen Händlern in Meißen.
Die Stadt verlassen

Ivan Caberlotto zum Beispiel, der Inhaber der Eisdiele Gelateria Italiana auf der Elbstraße, ist verärgert: "Am Anfang wurde man von der Stadt auf dem Laufenden gehalten, aber später hatte sie es nicht mehr im Griff." Mal hieß es, er müsse die Sandsäcke selber aus dem Baumarkt beschaffen, wenig später konnte er sich dann doch an einem der aufgeschütteten Sandhaufen kostenlos bedienen.

Der Italiener hofft auf ein halbwegs gutes Ostergeschäft, so richtig aber mag er nicht daran glauben. "Erst war der Winter so lang, und nun kommt auch noch das Hochwasser", sagt er resigniert.

Nach der Jahrhundertflut 2002 ist er mit seiner Eisdiele von der Roten Schule in die Elbstraße gezogen, glaubte, dort vor einem eventuellen Hochwasser sicher zu sein. Doch diese Hoffnung war trügerisch. Wieder wurde sein Geschäft getroffen. Jetzt denkt Caberlotto ernsthaft darüber nach, die Stadt zu verlassen, wenn sein Mietvertrag abgelaufen ist. "Hier in Meißen kann man wohl nie mehr etwas langfristig planen", sagt er.

Diese Sorge kann Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) den Gewerbetreibenden zwar nicht abnehmen, aber kurzfristig will er helfen. "Sobald der Wasserstand sinkt, werden wir den Müll beseitigen und den Schlamm räumen lassen", sagt er. Damit wolle die Stadt beitragen, dass die Händler noch etwas vom Frühjahrsgeschäft retten können.

Erst im Januar übernommen

Im Gewerbeverein überlegt man, ob für die Händler, deren Läden überspült sind, Verkaufsstände aufgestellt oder Ausweichquartiere gefunden werden können. "Das wird kaum nötig sein", so Raschke. "Einige von ihnen bauen schon jetzt wieder auf", sagt er. "Leute von den Stadtwerken haben hier gerade geschaut, wie die Lage ist", sagt Jens Roßberg, Inhaber des Geschäfts für orthopädische Schuhtechnik auf der Neugasse. "Erst im Januar habe ich den Laden von meinem Vater übernommen, jetzt saufe ich gleich ab", sagt Roßberg. Gemeinsam mit einem Angestellten harrt er nun aus, bewacht die Pumpe und füllt Benzin nach. Da nur die Werkstatt unter Wasser steht und der höher gelegene Laden halbwegs verschont geblieben ist, hofft Roßberg, dass er bereits Anfang nächster Woche wieder öffnen kann.

Die Fleischerei Bach möchte ebenfalls so schnell wie möglich ihre Kunden bedienen: "Letzte Woche war wegen Urlaubs geschlossen, jetzt wegen des Wassers: Vor Ostern muss es wieder losgehen", sagt Jens Mietzsch, der die Pumpen überwacht. "Geht das Wasser noch zehn Zentimeter zurück, können wir die Pumpe endlich ausschalten", hofft er.
Kaum eine Buslinie bleibt ihrer Route treu
von Stephan Große

Viele Straßen sind für den Verkehr nicht mehr zu passieren. Dennoch: "Der öffentliche Nahverkehr wird, wie in den vergangenen Tagen auch, aufrechterhalten", sagt Rolf Baum, Betriebsleiter der Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM). Nur die Fahrzeiten seien umleitungsbedingt zum Teil länger.

Die Haltestellen Uferstraße, Neumarkt, Neugasse, Poststraße und Rote Schule in Meißen können allerdings von keiner Linie mehr bedient werden. Die Strecke der Stadtbuslinien A, B und C führt nun zwischen der Altstadtbrücke und der Porzellanmanufaktur über die Hochuferstraße und die B 101.

Auch die Linie 404 ist betroffen: Sie wird zwischen Meißen und Scharfenberg, Schachtberg über die Wilsdruffer Straße und Reichenbach umgeleitet. Die Haltestelle am Bahnhof Niederwartha ist nicht mehr zu erreichen.

Zu den Stationen der Linie 407: Gasthof zum Roß und Rosengarten in Diesbar, Anlegestelle, Seußlitzer Hof, Schloss in Seußlitz und Schulweg in Neuseußlitz fahren ebenfalls keine Busse mehr, da sie nun ab Nieschütz über Löbsal, Laubach, Baselitz, Porschütz, Blattersleben und Zottewitz nach Neuseußlitz fahren.

Aufgrund der Sperrung der Elbtalstraße verkehrt die Linie 415 zwischen Karpfenschänke und Kleinzadel, ab der Haltestelle Fabrikstraße, direkt über die Großenhainer Straße und den Dieraer Weg nach Zadel. An der Ziegelscheune ist eine Ersatzhaltestelle eingerichtet. Da die Ortslage Kleinzadel gesperrt ist, entfallen alle Haltepunkte zwischen der Fabrikstraße in Meißen und der Fähre in Kleinzadel.

Das Gelände der VGM ist selbst nicht ernstlich vom Hochwasser betroffen: "Aber auch wir pumpen das Wasser aus dem Keller, bleiben aber optimistisch", sagt Baum.
Ein bis zwei Stunden Schlaf müssen reichen
von Ulrike Körber und Stephan Große

Die Nacht war turbulent. Sie steckt Michael Hornschuh noch in den Knochen. Er war zwölf Stunden bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Einsatz. "Sandsäcke mussten wir füllen. Leute, die von der Arbeit kamen, mit dem Boot nach Hause fahren oder umgekehrt, jene, die zur Schicht wollten, abholen", zählt er auf. Hornschuh ist geschlaucht und will nur nach Hause.
Zur Ruhe kommt er dort aber auch nicht. "Ein bis zwei Stunden Schlaf gönne ich mir." Mehr ist nicht drin. "Dann geht es zur Arbeit", sagt Hornschuh. Sein Chef hat ihm zwar freigestellt, sich zwischen einer Auszeit und dem Dienst zu entscheiden, doch der Meißner will noch einige Arbeitsprojekte beenden. Drei bis vier Tage hält der DLRG-Mann diesen Stress durch. "Dann geht aber sicherlich nichts mehr", so Hornschuh.

Pumpen kommen aus Aue

Außer ihm sind 50 bis 55 Retter in Meißen im Einsatz. "Allerdings immer im Wechsel", sagt DLRG-Vorstand Steffen Hausch. Die meisten von ihnen sind vom Job wegen der Hochwasser-Aktionen freigestellt. So wie der 30-jährige Achim Straube, der nach der Nachtschicht gegen zehn Uhr seinen letzten Einsatz im Katastrophengebiet der Stadt hat. Auf die Neugasse wurde er gerufen - zu einem Patienten, bei dem Verdacht auf Herzinfarkt besteht. "Es war aber glücklicherweise nichts", sagt er. "Der Mann ist jedoch herz- und zuckerkrank. Wir haben ihm geraten, die Wohnung zu verlassen", sagt er. Das empfiehlt er fast jedem im Überflutungsgebiet. Vor allem jenen, die gesundheitlich angeschlagen sind. Immerhin brauchen die Retter in der jetzigen Ausnahmesituation einige Minuten länger als sonst, ehe sie bei dem Patienten sind. Auch Straube steht der Dienst ins Gesicht geschrieben. Noch einen Kaffee, und dann geht es ab nach Hause.

Während Straube endlich die Füße hoch legen kann, sind zwei Mitarbeiter der Feuerwehr auf der Gerbergasse mit der Rettung des eigenen Gebäudes beschäftigt: "Würden wir den Keller nicht auspumpen, stünde das Wasser so hoch wie auf der Straße", sagt Feuerwehrmann Mirko Hütterer. Kniehoch wäre das allemal. "Immer wenn Wasser durch die Sandsäcke gesickert ist, wird gepumpt", so Hütterer, der gemeinsam mit einem Kollegen die Zwölf-Stunden-Schicht schiebt. Rund 400 Liter Wasser spült die Pumpe nun pro Minute aus dem Gebäude.

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) arbeitet im Schichtbetrieb. "Zwar gibt es kleine Ruhepausen, aber immer wieder muss es auch schnell gehen", berichtet der Rot-Kreuzler Alexander Rajek. Das Radebeuler Technische Hilfswerk (THW) hat seit Sonnabend Unterstützung von Kollegen aus Aue-Schwarzenberg bekommen. Mit deren Hochleistungspumpen kann der Pegel auf dem Theaterplatz konstant gehalten werden.

Um Verpflegung brauchen sich die Helfer keine Sorgen zu machen. Seit Freitagmittag versorgt das Kulturzentrum Logenhaus die Helfer: Dreimal am Tag bringt der Vereinsvorsitzende Horst Wagner warmes Essen in das Helferzelt an der Altstadtbrücke. "Drei Vereinsmitglieder kochen rund 30 Mahlzeiten", berichtet Wagner. Die nötigen Transportmittel für das Essen und Catering-Erfahrung haben die Mitarbeiter des Kulturzentrums.
Verprügelt wegen drei Euro
von Stephan Große

Einen alten Bekannten traf die Richterin des Amtsgerichts Meißen am Donnerstag im Gerichtssaal wieder. Der 22-jährige Meißner auf der Anklagebank wurde unter anderem wegen der räuberischer Erpressung und Körperverletzung vor das Jugendschöffengericht zitiert. Gleich mehrere Vorfälle sollen auf sein Konto gehen. Direkt neben ihm hatte ein Freund auf der Anklagebank Platz genommen, der an einer der Taten beteiligt war und sich daher ebenfalls verantworten musste.
Unter anderem versuchte der Hauptangeklagte Anfang 2004 gemeinsam mit Komplizen, von einer Frau am Meißner Bahnhof Zigaretten zu schnorren. Als die junge Frau nicht reagierte, setzten sie die Männer unter Druck und drohten ihr mit Schlägen. Daraufhin gab das verängstigte Opfer den groß gewachsenen Tätern eine Schachtel Zigaretten, um der gefährlichen Situation zu entkommen.

Schlägerei im Bus

Nur einen Monat später wollte der Meißner von einem Behinderten in Weinböhla drei Euro erpressen. Als dieser aber das geforderte Geld nicht hatte, verprügelte er den Mann. Um den Schlägen des Angeklagten zu entkommen, ließ sich das Opfer zu Boden fallen, erlitt aber durch die Hiebe Schwellungen im Gesicht. Auch an einem gewaltsamen Übergriff in einem Bus in Coswig Mitte letzten Jahres und an einem Fahrraddiebstahl mit anschließender Schlägerei im November soll der Beschuldigte beteiligt gewesen sein.

Der arbeitslose Beschuldigte gab zu, an allen Übergriffen beteiligt gewesen zu sein. Nur von dem Fahrraddiebstahl und der anschließenden Prügelei wollte er nichts wissen. Auch seine Angaben zur Schwere der einzelnen Taten wichen von den Vorwürfen der Anklage ab. Dennoch blieb einem Großteil der 19 geladenen Zeugen die Aussage erspart, weil der Täter geständig war.

Für eine Entschuldigung nutzte der Meißner die Anwesenheit zweier seiner Opfer allerdings nicht. Vielmehr gab er an, zu den jeweiligen Tatzeitpunkten nicht nur betrunken gewesen zu sein, sondern auch andere Drogen genommen zu haben. Auch das Geld habe er wahrscheinlich für die Beschaffung von Rauschmitteln erpressen wollen. Bereits seit seinem zwölften Lebensjahr soll der Angeklagte laut einem Gutachter Alkohol konsumieren. Eine Ausbildung brach er kurz vor den letzten Prüfungen ab. Auch eine Therapie besuchte der 22-Jährige nicht bis zu Ende. Auf die Frage der Richterin, was er denn beruflich machen wolle, wusste er keine Antwort zu geben.

Bewährung und Therapie

Allerdings stimmte er zu, der Empfehlung des Gutachters zu folgen und eine stationäre Drogen-Entwöhnungsbehandlung zu machen. Schließlich wurde der Hauptangeklagte zu acht Monaten Jugendstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem muss er 80 Arbeitsstunden leisten und sich einem Betreuer unterstellen. Der Mitangeklagte kam mit einer Strafe von 60 Arbeitsstunden davon.
Das runde Leder rollt auch in der Kirche
von Stephan Große

Die Botschaft erreichte Andreas Stempel, den Superintendenten des Kirchenbezirks Meißen der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Anfang des Jahres: Die Kirchgemeinden werden die Möglichkeit haben, Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft auf Großbildleinwänden zu übertragen. Nun steht es jeder einzelnen Gemeinde frei, ob sie dieses Angebot auch tatsächlich wahrnimmt.
200 Besucher bei Konzerten

Im Meißner Kirchenbezirk wurde über dieses Angebot bereits gesprochen: "Natürlich gab es auch kritische Stimmen wegen der Fußballübertragungen", sagt Stempel. Diskutiert wurde, welche Zielgruppe denn zum Fußball gucken in die Kirche kommt und ob sich die Fans dort auch benehmen würden.

"Unter den Pfarrern bestand aber Einigkeit, dass die Fußball-Übertragungen auf keinen Fall im liturgischen Raum der Kirchen stattfinden sollen", sagt Stempel. Aber gegen Veranstaltungen im Gemeindesaal oder ähnlichen Räumen hätte er kaum Empfindlichkeiten feststellen können. Die Verantwortlichen des Kinder- und Jugendhauses "Kaff", das zu der Gemeinde St. Afra gehört, haben sich bereits entschieden: "Wir haben vor, Fußball zu zeigen, wissen aber noch nicht genau, ob es wirklich klappt", sagt Johannes Albrecht, Jugendwart des hiesigen Kirchenbezirks. Schließlich seien im Jugendzentrum noch einige Umbauarbeiten im Gange. Sind die aber rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft fertig, steht den Fußball-Fans nichts mehr im Wege. Auch die technischen Voraussetzungen sind optimal: Ein Videoprojektor ist ohnehin im Haus vorhanden.

Über genügend Interessenten bräuchte man sich sicher auch keine Sorgen zu machen: "Bei Konzerten haben wir zum Beispiel 150 Besucher, manchmal sogar 200", sagt Albrecht. Und auch zum Fußball würden bestimmt Fans aus der Umgebung kommen.

Uwe Haubold, der Pfarrer von St. Afra, bestätigt, dass in seiner Gemeinde über Aktivitäten nachgedacht werde, die über die des Jugendzentrums hinausgingen: "Momentan wird das Thema im Gemeindevorstand besprochen. Aber einer Entscheidung möchte ich nicht vorgreifen", sagt Haubold. Erst Mitte April wird bekannt gegeben, ob auch die Gemeinde St. Afra Fußballspiele zeigt.

In Coswig plant man die Übertragung an gleich zwei Orten: Für Jugendliche bis 25 Jahre wird das CVJM-Haus offen stehen. Für alle älteren Fußball-Jünger wird der Gemeindesaal zum "Pilgerort". "Kritik an dem Vorhaben gab es noch keine, schließlich setzen wir ja auch keine Gottesdienste ab", freut sich Pfarrer Ulrich Schuster.

Ganz ähnlich sieht das auch Pfarrer Roland Hartzsch. In seiner Gemeinde in Lommatzsch denkt man über Übertragungen im Gemeindesaal nach. "Woanders in Lommatzsch wird es wohl keine Großbildleinwand geben", sagt Hartzsch. Da würden bestimmt viele Jugendliche und andere Fußballfans zu uns kommen. Genau wie das "Kaff" verfügt auch seine Gemeinde über einen eigenen Videoprojektor, so dass kein Geld ausgegeben werden muss, um mit großem Fernsehbild viele Ballverliebte anzulocken.

Chance für Kurzentschlossene

Die Resonanz auf das Angebot der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die die Übertragungsrechte der Fußballspiele von einer Schweizer Firma kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen hat, ist bundesweit sehr groß. Bisher haben rund 1 400 Gemeinden das Registrierungsformular im Internet ausgefüllt und so die Erlaubnis für die eigene Veranstaltung eingeholt. Noch bis zwei Wochen vor dem ersten Anpfiff werden Anmeldungen akzeptiert.

Anders als bei den Eintrittskarten für die Stadien, können so auch Kurzentschlossene zum Zuge kommen.
Angeklagter spielt die Opferrolle
von Stephan Große

Der Mann konnte einem schon leid tun: Mit dem Fahrrad war der in Cunewalde in der Oberlausitz wohnende Angeklagte nach Meißen gereist. Eine andere Anreise habe er sich als Frührentner finanziell nicht leisten können, sagt er. Zwei Tage hat er für diese mühsame Fahrt gebraucht, und geschlafen habe er seit seiner Abreise auch nicht. Diese Strapazen konnte man dem stämmigen Mann durchaus ansehen. Mit zahllosen Zetteln, Akten und Papieren im Gepäck betrat er den Saal des Amtsgerichts in Meißen. In zwei Briefen hatte der 48-jährige Angeklagte im vergangenen Jahr eine Mitarbeiterin des hiesigen Jugendamtes beleidigt, sie mit einem nicht sehr sauberen Tier verglichen. Aus seiner Ehe, die Mitte der 90er Jahre geschieden wurde, resultiert der immer noch andauernde Streit um sein Besuchsrecht der Kinder, an dem die beleidigte Mitarbeiterin der Meißner Behörde beteiligt ist.
Schuld sieht er nicht ein

Die schriftliche Beleidigung gab der Beschuldigte, der ohne Beistand von einem Rechtsanwalt vor dem Gericht erschienen war, ohne Ausweichen zu. Seine Schuld aber sah er nicht ein. Dementsprechend aufbrausend und unruhig verhielt er sich während der Verhandlung: Häufig fiel er dem Richter in das Wort, legte ihm immer wieder etliche Schriftstücke als "Beweise" für angeblich schikanierendes Verhalten seitens des Amtes vor und beantwortete auch die Fragen des Richters nur am Rande. Immer wieder wich er auf seine Lebensgeschichte aus, mit der er für Verständnis für seine beleidigenden Worte warb.

Der Angeklagte gab mehrfach an, in seiner Kindheit von der eigenen Mutter sexuell missbraucht worden zu sein. So versuchte sich der Angeklagte, der zwischenzeitlich obdachlos war, selbst in die Rolle des Opfers zu rücken. Schließlich würde das Jugendamt Treffen mit seinen Kindern regelrecht verhindern. Seit Jahren habe er sie nicht mehr gesehen. Er selbst könne so kein geregeltes Leben mehr führen. Auch eine mehrmalige Therapie habe seine Situation nicht verbessern können. Die Tatsache, dass weibliche Mitarbeiter des Jugendamtes den Umgang mit seinen Kindern verhindern, würde sein durch den elterlichen Missbrauch ohnehin gestörtes Verhältnis zu Frauen verstärken. Auch für das Aus einer zwischenzeitlichen Beziehung machte er indirekt das Jugendamt verantwortlich.

Kein unbeschriebenes Blatt

Doch der Richter ließ sich nicht von den sich mehrfach wiederholten Ausführungen des unter anderem wegen Körperverletzung und Bedrohung bereits vorbestraften Mannes beeinflussen. Da er sich nicht einsichtig zeigte, konnte das Gericht keine strafmildernden Umstände bei der Urteilsfindung geltend machen. Lediglich als es darum ging, den Tagessatz festzulegen, zeigten sich Staatsanwaltschaft und Richter aufgrund der schlechten finanziellen Situation des Angeklagten milde. Er wurde zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt.