Verprügelt wegen drei Euro
von Stephan Große

Einen alten Bekannten traf die Richterin des Amtsgerichts Meißen am Donnerstag im Gerichtssaal wieder. Der 22-jährige Meißner auf der Anklagebank wurde unter anderem wegen der räuberischer Erpressung und Körperverletzung vor das Jugendschöffengericht zitiert. Gleich mehrere Vorfälle sollen auf sein Konto gehen. Direkt neben ihm hatte ein Freund auf der Anklagebank Platz genommen, der an einer der Taten beteiligt war und sich daher ebenfalls verantworten musste.
Unter anderem versuchte der Hauptangeklagte Anfang 2004 gemeinsam mit Komplizen, von einer Frau am Meißner Bahnhof Zigaretten zu schnorren. Als die junge Frau nicht reagierte, setzten sie die Männer unter Druck und drohten ihr mit Schlägen. Daraufhin gab das verängstigte Opfer den groß gewachsenen Tätern eine Schachtel Zigaretten, um der gefährlichen Situation zu entkommen.

Schlägerei im Bus

Nur einen Monat später wollte der Meißner von einem Behinderten in Weinböhla drei Euro erpressen. Als dieser aber das geforderte Geld nicht hatte, verprügelte er den Mann. Um den Schlägen des Angeklagten zu entkommen, ließ sich das Opfer zu Boden fallen, erlitt aber durch die Hiebe Schwellungen im Gesicht. Auch an einem gewaltsamen Übergriff in einem Bus in Coswig Mitte letzten Jahres und an einem Fahrraddiebstahl mit anschließender Schlägerei im November soll der Beschuldigte beteiligt gewesen sein.

Der arbeitslose Beschuldigte gab zu, an allen Übergriffen beteiligt gewesen zu sein. Nur von dem Fahrraddiebstahl und der anschließenden Prügelei wollte er nichts wissen. Auch seine Angaben zur Schwere der einzelnen Taten wichen von den Vorwürfen der Anklage ab. Dennoch blieb einem Großteil der 19 geladenen Zeugen die Aussage erspart, weil der Täter geständig war.

Für eine Entschuldigung nutzte der Meißner die Anwesenheit zweier seiner Opfer allerdings nicht. Vielmehr gab er an, zu den jeweiligen Tatzeitpunkten nicht nur betrunken gewesen zu sein, sondern auch andere Drogen genommen zu haben. Auch das Geld habe er wahrscheinlich für die Beschaffung von Rauschmitteln erpressen wollen. Bereits seit seinem zwölften Lebensjahr soll der Angeklagte laut einem Gutachter Alkohol konsumieren. Eine Ausbildung brach er kurz vor den letzten Prüfungen ab. Auch eine Therapie besuchte der 22-Jährige nicht bis zu Ende. Auf die Frage der Richterin, was er denn beruflich machen wolle, wusste er keine Antwort zu geben.

Bewährung und Therapie

Allerdings stimmte er zu, der Empfehlung des Gutachters zu folgen und eine stationäre Drogen-Entwöhnungsbehandlung zu machen. Schließlich wurde der Hauptangeklagte zu acht Monaten Jugendstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem muss er 80 Arbeitsstunden leisten und sich einem Betreuer unterstellen. Der Mitangeklagte kam mit einer Strafe von 60 Arbeitsstunden davon.
Das runde Leder rollt auch in der Kirche
von Stephan Große

Die Botschaft erreichte Andreas Stempel, den Superintendenten des Kirchenbezirks Meißen der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Anfang des Jahres: Die Kirchgemeinden werden die Möglichkeit haben, Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft auf Großbildleinwänden zu übertragen. Nun steht es jeder einzelnen Gemeinde frei, ob sie dieses Angebot auch tatsächlich wahrnimmt.
200 Besucher bei Konzerten

Im Meißner Kirchenbezirk wurde über dieses Angebot bereits gesprochen: "Natürlich gab es auch kritische Stimmen wegen der Fußballübertragungen", sagt Stempel. Diskutiert wurde, welche Zielgruppe denn zum Fußball gucken in die Kirche kommt und ob sich die Fans dort auch benehmen würden.

"Unter den Pfarrern bestand aber Einigkeit, dass die Fußball-Übertragungen auf keinen Fall im liturgischen Raum der Kirchen stattfinden sollen", sagt Stempel. Aber gegen Veranstaltungen im Gemeindesaal oder ähnlichen Räumen hätte er kaum Empfindlichkeiten feststellen können. Die Verantwortlichen des Kinder- und Jugendhauses "Kaff", das zu der Gemeinde St. Afra gehört, haben sich bereits entschieden: "Wir haben vor, Fußball zu zeigen, wissen aber noch nicht genau, ob es wirklich klappt", sagt Johannes Albrecht, Jugendwart des hiesigen Kirchenbezirks. Schließlich seien im Jugendzentrum noch einige Umbauarbeiten im Gange. Sind die aber rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft fertig, steht den Fußball-Fans nichts mehr im Wege. Auch die technischen Voraussetzungen sind optimal: Ein Videoprojektor ist ohnehin im Haus vorhanden.

Über genügend Interessenten bräuchte man sich sicher auch keine Sorgen zu machen: "Bei Konzerten haben wir zum Beispiel 150 Besucher, manchmal sogar 200", sagt Albrecht. Und auch zum Fußball würden bestimmt Fans aus der Umgebung kommen.

Uwe Haubold, der Pfarrer von St. Afra, bestätigt, dass in seiner Gemeinde über Aktivitäten nachgedacht werde, die über die des Jugendzentrums hinausgingen: "Momentan wird das Thema im Gemeindevorstand besprochen. Aber einer Entscheidung möchte ich nicht vorgreifen", sagt Haubold. Erst Mitte April wird bekannt gegeben, ob auch die Gemeinde St. Afra Fußballspiele zeigt.

In Coswig plant man die Übertragung an gleich zwei Orten: Für Jugendliche bis 25 Jahre wird das CVJM-Haus offen stehen. Für alle älteren Fußball-Jünger wird der Gemeindesaal zum "Pilgerort". "Kritik an dem Vorhaben gab es noch keine, schließlich setzen wir ja auch keine Gottesdienste ab", freut sich Pfarrer Ulrich Schuster.

Ganz ähnlich sieht das auch Pfarrer Roland Hartzsch. In seiner Gemeinde in Lommatzsch denkt man über Übertragungen im Gemeindesaal nach. "Woanders in Lommatzsch wird es wohl keine Großbildleinwand geben", sagt Hartzsch. Da würden bestimmt viele Jugendliche und andere Fußballfans zu uns kommen. Genau wie das "Kaff" verfügt auch seine Gemeinde über einen eigenen Videoprojektor, so dass kein Geld ausgegeben werden muss, um mit großem Fernsehbild viele Ballverliebte anzulocken.

Chance für Kurzentschlossene

Die Resonanz auf das Angebot der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die die Übertragungsrechte der Fußballspiele von einer Schweizer Firma kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen hat, ist bundesweit sehr groß. Bisher haben rund 1 400 Gemeinden das Registrierungsformular im Internet ausgefüllt und so die Erlaubnis für die eigene Veranstaltung eingeholt. Noch bis zwei Wochen vor dem ersten Anpfiff werden Anmeldungen akzeptiert.

Anders als bei den Eintrittskarten für die Stadien, können so auch Kurzentschlossene zum Zuge kommen.
Angeklagter spielt die Opferrolle
von Stephan Große

Der Mann konnte einem schon leid tun: Mit dem Fahrrad war der in Cunewalde in der Oberlausitz wohnende Angeklagte nach Meißen gereist. Eine andere Anreise habe er sich als Frührentner finanziell nicht leisten können, sagt er. Zwei Tage hat er für diese mühsame Fahrt gebraucht, und geschlafen habe er seit seiner Abreise auch nicht. Diese Strapazen konnte man dem stämmigen Mann durchaus ansehen. Mit zahllosen Zetteln, Akten und Papieren im Gepäck betrat er den Saal des Amtsgerichts in Meißen. In zwei Briefen hatte der 48-jährige Angeklagte im vergangenen Jahr eine Mitarbeiterin des hiesigen Jugendamtes beleidigt, sie mit einem nicht sehr sauberen Tier verglichen. Aus seiner Ehe, die Mitte der 90er Jahre geschieden wurde, resultiert der immer noch andauernde Streit um sein Besuchsrecht der Kinder, an dem die beleidigte Mitarbeiterin der Meißner Behörde beteiligt ist.
Schuld sieht er nicht ein

Die schriftliche Beleidigung gab der Beschuldigte, der ohne Beistand von einem Rechtsanwalt vor dem Gericht erschienen war, ohne Ausweichen zu. Seine Schuld aber sah er nicht ein. Dementsprechend aufbrausend und unruhig verhielt er sich während der Verhandlung: Häufig fiel er dem Richter in das Wort, legte ihm immer wieder etliche Schriftstücke als "Beweise" für angeblich schikanierendes Verhalten seitens des Amtes vor und beantwortete auch die Fragen des Richters nur am Rande. Immer wieder wich er auf seine Lebensgeschichte aus, mit der er für Verständnis für seine beleidigenden Worte warb.

Der Angeklagte gab mehrfach an, in seiner Kindheit von der eigenen Mutter sexuell missbraucht worden zu sein. So versuchte sich der Angeklagte, der zwischenzeitlich obdachlos war, selbst in die Rolle des Opfers zu rücken. Schließlich würde das Jugendamt Treffen mit seinen Kindern regelrecht verhindern. Seit Jahren habe er sie nicht mehr gesehen. Er selbst könne so kein geregeltes Leben mehr führen. Auch eine mehrmalige Therapie habe seine Situation nicht verbessern können. Die Tatsache, dass weibliche Mitarbeiter des Jugendamtes den Umgang mit seinen Kindern verhindern, würde sein durch den elterlichen Missbrauch ohnehin gestörtes Verhältnis zu Frauen verstärken. Auch für das Aus einer zwischenzeitlichen Beziehung machte er indirekt das Jugendamt verantwortlich.

Kein unbeschriebenes Blatt

Doch der Richter ließ sich nicht von den sich mehrfach wiederholten Ausführungen des unter anderem wegen Körperverletzung und Bedrohung bereits vorbestraften Mannes beeinflussen. Da er sich nicht einsichtig zeigte, konnte das Gericht keine strafmildernden Umstände bei der Urteilsfindung geltend machen. Lediglich als es darum ging, den Tagessatz festzulegen, zeigten sich Staatsanwaltschaft und Richter aufgrund der schlechten finanziellen Situation des Angeklagten milde. Er wurde zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt.